Bautechnische Lösungen gegen
Schimmelpilz nach Prof C. Meier aus Nürnberg
Schimmelpilz ist derzeitig hochaktuell. Symposien und
Seminare schießen wie (Schimmel) Pilze aus der Erde. Gegenstand der
Erörterungen sind Gesundheitsstörungen und die juristischen, chemischen
und mikrobiologischen Folgen einer Schimmelpilzbelastung. Bewertung und
Sanierung von Schäden stehen im Vordergrund.
Viel
zielführender wären dagegen Klärungen über Bautechniken, die
Schimmelpilzbelastungen von vornherein ausschließen.
Welche bauphysikalisch wichtigen Fakten und konkreten
Hinweise wären hier zu beachten?
Strahlungsheizung
Beim Einbau einer Strahlungsheizung in einem Gebäude werden als
Heizkörper Strahlplatten vorgesehen, die nicht allein wegen der
ästhetischen Vorzüge, sondern wegen der Energiebilanz und der
physiologischen Vorteile für den Nutzer zu bevorzugen sind. Temperierte
Wände erfüllen ebenfalls die Voraussetzungen für eine Strahlungsheizung
(Hüllflächen-Temperierung). Neben der angenehmen Wärme ist der Energieverbrauch & Stromverbrauch ~ bei 30 KWh/m²a. Zum Vergleich sonst bei "herkömmlichen" Heizungen: 70 KWh/m²a bis 200 KWh/m²a.
Die Vorteile einer
Strahlungsheizung stützen sich dabei auf folgende physikalische
Grundlagen:
- Wärmestrahlung (oder Temperaturstrahlung) ist eine elekromagnetische
Welle, wie das Licht, der Strom, die Mikrowelle.
- Die Strahlleistung gehorcht dem Stefan-Boltzmannschen Gesetz, das
heißt, sie ist proportional zur vierten Potenz der absoluten Temperatur.
- Eine Wärmestrahlung erwärmt keine Luft, sondern nur Materie (fest
oder flüssig). Sie ist diatherm, die Raumluft bleibt deswegen kühl und
angenehm.
- Da die Umfassungstemperaturen eines Raumes deshalb stets höher sind
als die Lufttemperatur, entsteht auch kein Schimmelpilz – Luft
kondensiert nur bei Abkühlung.
- Bei dem aus hygienischen Gründen notwendigen Luftaustausch wird
infolge der niedrigen Lufttemperaturen Energie gespart.
- Alle Oberflächentemperaturen im Raum gleichen sich durch
Strahlungsausgleich an. Es entstehen dadurch gleichmäßig temperierte
Umfassungsflächen einschließlich der Möbel – man fühlt sich wohl und
behaglich.
- Die langwellige Wärmestrahlung einer Strahlungsheizung durchdringt
kein normales Glas. Sie verbleibt im Raum und erzeugt damit einen
”Treibhauseffekt”. Dadurch werden ”Wärmeschutzgläser” mit kleinen
U-Werten überflüssig.
Diese physikalischen Gesetzlichkeiten erzwingen
geradezu die Wahl einer Strahlungsheizung. Die praktizierende Heiztechnik
jedoch berücksichtigt diese Vorzüge leider nicht.
Die Wärmeleistung einer Konvektionsheizung verhält sich
proportional zur ”Übertemperatur” – dies ist richtig. Bei der
Strahlungsheizung jedoch wäre dies falsch (siehe Punkt 2.). Eine analoge
Behandlung von Konvektions- und Strahlungsheizung ist deshalb ein
physikalischer Fauxpas – wird aber stets praktiziert und sogar in
”Prüfberichten” so gehandhabt.
Bereits installierte Strahlungsheizungen zeigen
deutlich, daß diese in Zukunft eine immer größer werdende Verbreitung
finden werden. ”Strahlplattenheizkörper” und ”Temperierte Wandflächen”
werden in völlig neue Dimensionen einer fortschrittlichen und gesunden
Heiztechnik vorstoßen.
Feuchteschutz der
Außenkonstruktion
Verstärkte Feuchte- und damit Bau- und
Gesundheitsschäden sind Folgen der verstärkten Durchsetzung
”zukunftsweisender, energiesparender” Bauweisen, wobei das
Wärmedämmverbundsystem und die Leichtbauweise eine dominierende Rolle
spielen.
Was ist zur Vermeidung von Schäden hierbei zu
beachten?
- Verantwortlich für Oberflächen-Kondensat (nur bei einer
Konvektionsheizung möglich) ist die zu hohe relative Feuchte im Raum.
Diese entsteht durch unzureichendes Lüften und Heizen.
- Ein schlechter U-Wert der Außenkonstruktion ist gegenüber der
relativen Feuchte der Raumluft von völlig untergeordneter Bedeutung. Ein
”guter” U-Wert kann die verheerende Wirkung einer zu hohen relativen
Feuchte nicht kompensieren (nur bei einer Konvektionsheizung).
- Der kapillare und diffusive Feuchtetransport ist in einer
Außenkonstruktion zu gewährleisten. Die DIN behandelt allerdings nur die
Diffusion, jedoch nicht die Sorption, eben den kapillaren
Feuchtetransport. Dies führt zu fehlerhaften Beurteilungen.
- Durch meist sorptionsdichte und diffusionsbehindernde äußere
Schichten von Wärmedämmverbund- und Leichtbausystemen wird die
Entfeuchtung der Konstruktion nach außen stark beeinträchtigt.
Durchfeuchtung der Konstruktion ist die zwangsläufige Folge.
- Die dann verstärkt nach innen orientierte ”Entfeuchtung” fördert die
Schimmelpilzbildung an der Innenwand. Die ”Schimmelhäuser” sind viel
diskutierte Sanierungsobjekte. Viele ”neue” Wohnungen sind durch
Umweltgifte und Schimmelpilze belastet.
- Nach innen orientierte Entfeuchtung wird von innen liegenden
Dampfsperren und Dampfbremsen behindert bzw. blockiert. Auch die
“Intelligente Dampfbremse” ist hier keine befriedigende Lösung.
- Durch fehlende Speicherfähigkeit der äußeren Putzschicht (besonders
bei WDVS) unterkühlt nachts die Oberfläche infolge Abstrahlung derart
stark, daß Kondensation der Nachtluft und damit Algenbildung meist nicht
zu vermeiden sind. Die Konstruktion veralgt. Diese Unterkühlung ist bei
Autodächern ja allseits bekannt.
- Um Algenbildung zu vermeiden, wird von WDVS-Herstellern empfohlen,
umweltverträgliche Algizide einzusetzen. Das Sick-Building Syndrom wird
also gehegt und gepflegt.
Mit dem Propagieren von ”Wärmedämmverbund- und
Leichtbausystemen” als “zukunftsweisende Bautechnik” wird der Bildung von
Schimmelpilzen Vorschub geleistet. Monolithische Massivkonstruktionen
dagegen bieten die Voraussetzungen für schadenfreies
Bauen.
Luftdichtheit der Außenkonstruktion Mit der
Dämmhysterie wächst auch der ”Luftdichtheitsaktionismus”, der in
pseudowissenschaftlicher Manier hier zu fehlerhaften Vorstellungen über
Notwendigkeiten und Möglichkeiten einer Luftdichtheit führt. Was muß
hierzu gesagt werden?
- Luftdichtheit ist notwendig, um Kondensat in der Außenkonstruktion
infolge Abkühlung der nach außen strömenden Luft zu vermeiden.
- Massivbauten gewährleisten Luftdichtheit. Bei Skelettbauten und
Leichtkonstruktionen läßt sich eine Luftdichtheit
konstruktiv/handwerklich jedoch nicht dauerhaft herstellen. Deshalb
waren hier bisher belüftete Konstruktionen Regel der Technik.
- Durch den ”verordneten Vollwärmeschutz” werden jetzt die
unbelüfteten Konstruktionen zum Standard erhoben. Um die notwendige
Dichtheit vorzutäuschen, ist die ”Blower Door Prüfung” erfunden worden.
Allerdings wird Dauerhaftigkeit damit nicht erreicht.
- Zur Begründung der zu prüfenden ”Luftdichtheit” werden stets die
”energetischen” Lüftungsverluste, nicht aber die zwangsläufig
auftretenden Feuchteschäden genannt.
- Durch den in den Verordnungen eingearbeiteten stündlichen
Luftwechsel ergibt sich ein Luftvolumenstrom von 2 m³/m² Nutzfläche (bei
0,8 fachem Luftwechsel), von 1,75 m³/m² Nutzfläche (bei 0,7 fachem
Luftwechsel) und von 1,50 m³/m² Nutzfläche (bei 0,6 fachem Luftwechsel).
- Diese großen Luftvolumenströme lassen eine Undichtheit (z. B. von 15
m³/h) zu einem unbedeutenden Nichts schrumpfen. Mit diesem beispielhaft
gewählten Luftvolumenaustausch von 15 m³/h würde sogar die ”verordnete”
Lüftung für 7,5 m², für 8,57 m² oder für 10 m² Grundfläche abgedeckt
werden. Energetisch also überhaupt kein Problem. Mit dem Horrorszenario
einer ”energetisch nicht zu verantwortenden Energieverschwendung” durch
Leckagen wird damit nur vom eigentlichen Problem der Feuchteschäden
durch unbelüftete Konstruktionen abgelenkt.
- Dieser ”unbeabsichtigte” Luftvolumenstrom von 15 m³/h würde sogar,
wenn keine Feuchteschäden entstehen, eine notwendige Grundlüftung
gewährleisten, die die hohen relativen Luftfeuchten schlecht belüfteter
Räume und damit die Schimmelpilzbildung verhindern würde.
Das
Lüften Zur Vermeidung von Schimmelpilz muß gelüftet werden. Dabei
haben sich unterschiedliche Lüftungsgewohnheiten herausgebildet. Welche
Lüftungsart ist zu empfehlen?
- Ursprünglich wurde das Kippfenster zur Lüftung herangezogen. Dies
wurde verworfen, weil damit die aufsteigende Wärme des unter dem Fenster
montierten Heizkörpers direkt ins Freie gelangte - Energieverschwendung.
- Nun hieß die Empfehlung ”Stoßlüftung”. Aber auch diese ist nicht zu
empfehlen, da mit steigender relativer Feuchte auch der Wärmeinhalt der
Raumluft ansteigt. Wer feuchte Luft hinauslüftet, tauscht damit leider
auch sehr energiereiche Luft aus, ist damit ebenfalls ein
Energieverschwender.
- Das Lüften muß deshalb in einer Art erfolgen, die ein Ansteigen der
relativen Feuchte grundsätzlich in normalen Grenzen hält – dies ist das
permanente Lüften.
- Hierfür gibt es zwei Möglichkeiten: die Lüftungsanlage und das
undichte Fenster.
- Eine Lüftungsanlage ist teuer, sie muß aus hygienischen Gründen
stets gewartet werden (Verschmutzung und Verkeimung der Kanäle) und
verbraucht Antriebsenergie. Es muß deshalb ernsthaft davon abgeraten
werden.
- Das ”undichte Fenster” ist die einzige kostengünstige und
überschaubare Konstruktion, um einen Feuchtestau der Raumluft zu
vermeiden – eine uralte Lüftungsvariante.
- Sogar die ”Industrie” hat sich darauf eingestellt: Sie bietet
”undichte” Dichtungen an (Noppen auf dem Dichtungsband), empfiehlt
Lüftungsschlitze im Rahmen (auch mit Staudruckbremse) oder entfernt
lapidar nur wieder die Lippendichtung. Gegenüber dem in den Verordnungen
geforderten ”Fugendurchlassgrad” bedeutet dies ein Salto Mortale
rückwärts – Schizophrenie im konstruktiven Denken.
- Warum eigentlich kann man zum Lüften nicht einfach das Fenster
aufmachen – frische Luft und die Verbundenheit zur Außennatur läßt dies
am wünschenswerten erscheinen.
Die Lüftungsindustrie jedoch ist da ganz anderer
Meinung. Wenn es nach ihr ginge, müssten Lüftungsanlagen – ohne und vor
allem mit Wärmerückgewinnung - sowie Klimaaggregate zur
Standardausrüstung einer jeden Wohnung gehören. Davor sei gewarnt -
unwirtschaftlich.
Konsequenzen
Diese nachweislich bewährten und erprobten
bautechnischen Hinweise werden nun durch unsinnige Verordnungen und eine
sich absurd gebärdende Entwicklung von ”Bautechnik” arg bedrängt. Die
Industrie und eine opportune Wissenschaft sind leider gegen die
einfachsten und solidesten Lösungen, da sie zu kostengünstig sind – man
kann daran nichts verdienen. Bewährtes Erfahrungswissen soll durch
pseudowissenschaftlich-bürokratischen Aktionismus verdrängt werden.
Eine notwendigerweise kundenfreundliche Bautechnik ist nicht zu
erkennen, hier befindet man sich weiterhin auf dem falschen Pfad – wenn
nicht ernsthaft die Weichen neu gestellt werden. Die Zeit ist reif – die
Bauschäden nehmen überhand. Deshalb wird empfohlen: Meier, C. Richtig
bauen – Bauphysik im Widerstreit – Probleme und Lösungen.
Renningen-Malmsheim: expert verlag, 2. Auflage 2003, 265 Seiten. ISBN:
3-8169-2187-6
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